Einer meiner absoluten Lieblingsplätze in Porto Alegre ist der kooperativ geführte Biomarkt am Farroupilha-Park, der jetzt 22 Jahre alt geworden und damit einer der ältesten in ganz Brasilien ist. Fast jeden Samstag zieht es mich zu den ehemaligen Landlosen, alternativen Winzern, Bienen- und Ziegenzüchterinnen, Bäckerinnen, Buchhändlern und Kleinbäuerinnen aus den Vororten oder dem weiteren Hinterland meiner südbrasilianischen Wahlheimat. Man trifft einander und lässt sich’s bei Zuckerrohrsaft, Biokaffee oder selbstgebackenen Leckereien gut gehen.
Neulich hatte ich einen ganz besonderen Auftrag zu erfüllen: Mein kolumbianischer Freund G. wollte seiner brasilianischen Flamme, mit der er ein paar schöne Tage an der Karibik verbracht hatte, einen Blumenstrauß zukommen lassen. Da die Angebetete zufällig in Porto Alegre, genauer: um die Ecke vom Biomarkt wohnt, besorgte ich dort einen dicken Strauß Callas und Gladiolen.
Die NachbarInnen waren gar nicht gut auf die – leider abwesende – Empfängerin des Blumenstraußes zu sprechen. Ich musste einige Überredungskünste aufbringen, bis ich ihn wenigstens an die Wohnungstür in der obersten Etage stecken durfte. Kaum war ich damit fertig, kam ein junges Paar mit einem schätzungsweise fünfjährigen Sohn das Treppenhaus hochgestapft. Aber von einer Familie hatte G. nichts erzählt!
„Der Strauß da ist für C.“, verkündete ich. „Ja, das bin ich“, sagte die Frau. „Aber wie komme ich zu dem Vergnügen?“ Ich stammelte: „Das steht alles auf der Grußkarte, die ich unter der Tür durchgeschoben habe.“ C. musterte mich, und auf einmal huschte ein breites Lächeln über ihr Gesicht: „Kolumbien!“
Gerhard Dilger
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